16.09.2024 | Zum Auftakt der Tarif-
verhandlungen singen die Arbeitgeber das Klagelied vom Untergang des Standorts Deutschland. Die Metallerinnen und Metaller auf der anderen Seite des Verhandlungs-
tisches kratzen sich verwundert am Kopf und fragen sich: Was genau hat das mit dieser Tarifrunde und unserer Forderung zu tun?
Überall nur Krise, die Unternehmen vor dem Abgrund – so könnte man die Position der Arbeitgeber zusammenfassen. Die Lage sei misslich, die Wirtschaft im Tal, Insolvenzen nähmen zu, es gebe eine große Vertrauenskrise. Mit diesen Argumenten
wiesen sie die Forderung der IG Metall zurück: 7 Prozent, das sei zu hoch, erklärte NRW-Arbeitgeberpräsident Arndt Kirchhoff. Die Verhandlung ging ohne Angebot der Arbeitgeber nach drei Stunden zu Ende.
Auf Seiten der IG Metall sorgten die Klagen der Unternehmen für Verwunderung: „Ich hatte ja erwartet, dass die Arbeitgeber jammern würden“, sagte ein Mitglied der IG Metall-Verhandlungskommission nach dieser ersten ergebnislosen Tarifverhandlung vergangenen Donnerstag in Aachen, „aber dass sie so weit gehen und alles nur noch schwarz malen – das hätte ich nicht gedacht.“ Insgesamt hatten die IG Metall-Verhandler den Eindruck: Hier wird reichlich übertrieben.
„Angemessen und fair“
Dabei ist die Forderung der IG Metall angemessen und fair, betonte Knut Giesler, Bezirksleiter der IG Metall NRW und Verhandlungsführer vor rund 300 Beschäftigten aus der nordrhein-westfälischen Metall- und Elektroindustrie, die sich vor
dem Verhandlungssaal versammelt hatten. „Wir haben keine Boomjahre“, sagte Giesler, „aber wir haben auch nicht die größte Krise der Nachkriegszeit.“ Die Wirtschaft sei „stabil seitwärts unterwegs“, eine angemessene Erhöhung der Entgelte sei drin, und die Arbeitgeber täten sich mit dem Gejammer selbst keinen Gefallen. „Das macht die Branche für knappe Fachkräfte nicht attraktiver“, betonte Giesler.
Mehr Geld für die Beschäftigten dagegen schon. Zumal die vergangenen zwei Inflationsjahre ihre Spuren in den Portemonnaies der Beschäftigten hinterlassen haben. Insbesondere die Auszubildenden sollen bessergestellt werden, fordert die IG Metall. Die Ausbildungsvergütungen sollen um 170 Euro im Monat steigen. Ein Blick auf die Statistik zeigt, warum das nötig ist, betonte Knut Giesler. Im Vergleich zu anderen Branchen und Regionen liegen die Ausbildungsvergütungen der Metall- und Elektroindustrie in Nordrhein-Westfalen nämlich nur im Mittelfeld, „und Mittelmaß – das können wir uns hier in NRW nicht erlauben“. (Siehe Grafik auf der Rückseite). Gerade die Forderung nach mehr Geld für die Fachkräfte von morgen ist für die Metallerinnen und Metaller „eine Herzensangelegenheit“.
Verbesserungen beim T-Zug
Darüber hinaus fordert die IG Metall Verbesserungen beim T-Zug. „Die Regelungen des T-Zugs stammen aus dem Jahr 2018, und wir wollen einige Konstruktionsfehler beseitigen“, erklärte Knut Giesler. So sollen zum Beispiel künftig Teilzeitbeschäftigte
einbezogen werden. Davon, betonte Giesler, würden vor allem Frauen profitieren. Beim Thema T-Zug sind die Arbeitgeber immerhin gesprächsbereit. Eine Arbeitsgruppe soll nun über Details beraten. In Sachen Entgelterhöhungen freilich schalten die Arbeitgeber auf stur. „Wir werden sie zwingen müssen, sich zu bewegen“, sagte Knut Giesler. „Diese Tarifrunde wird sicher nicht einfach.“